Mit diesen Tipps fällt die Zeitumstellung weniger schwer

Mit diesen Tipps fällt die Zeitumstellung weniger schwer

Müdigkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen: Die Zeitumstellung bringt viele Menschen aus dem Rhythmus. Sie erzeugt eine Form von sozialem Jetlag. Schlaf-Wach-Phasen kommen durcheinander, die innere Uhr kann sich nur schwer oder gar nicht anpassen. Mehr als jeder Fünfte soll schon einmal körperliche oder psychische Probleme damit gehabt haben, dass plötzlich eine Stunde „fehlt“, wenn künstlich „an der Uhr gedreht“ wird.

Viola Roller, Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Frankfurt (Oder), plädiert im Interview mit dem RHÖN-Gesundheitsblog dafür, den eigenen negativen Gefühlen, die dieser „Zeitdiebstahl“ mit sich bringt, freien Lauf zu lassen. Das könne helfen, besser mit den Folgen für Körper und Seele umzugehen, sagt die Psychosomatikerin. Neben einer Erklärung, warum sich Menschen mit der Zeitumstellung so schwer tun, hat sie Tipps, wie man sich am besten auf sie einstellt.

Frau Roller, Sie sind Psychosomatikerin und beschäftigen sich mit der Psyche des Menschen und damit, wie sich diese auf den Körper auswirkt.

Konkret beschäftige ich mich mit unterdrückten Gefühlen. Fest steht: Auslöser für psychosomatische Probleme ist oftmals eine Trennung oder ein Verlust.

Was hat das mit der Zeitumstellung zutun?

Unsere innere Uhr bekommt ihren Takt von der Sonne und kommt durcheinander, wenn diese an einem Tag um 5.58 Uhr und am darauf folgenden Tag erst um 6.55 Uhr aufgeht. Das klingt erst einmal nach einer Kleinigkeit, aber bei dieser einen Stunde, die uns da bei der Umstellung auf die Sommerzeit „geklaut“ wird, bleibt es für viele Menschen ganz sicher nicht.

Das hört sich erst einmal an wie ein Jetlag…

Ja, nur: Wenn man in den Urlaub fliegt und mit einem solchen Jetlag kämpft, bekommt man, etwas Positives dafür, also Freiheit, Palmen, Sonne und Meer. Außerdem „tickt“ dort die Zeit im Einklang mit der Sonne, und wir können uns besser anpassen, weil wir nicht arbeiten müssen.

Sie haben von „geklauter Zeit“ gesprochen. Es geht also um etwas Psychisches, um einen Verlust?

Die Zeitumstellung wirkt auf Körper und Seele. Ich empfehle meinen Patienten, über ihre Gefühle zu sprechen. Also bitte gerne am 25. März lautstark darüber fluchen, dass man jetzt eine Stunde früher raus muss!

Warum?

Einem objektiven Problem subjektiv emotionalen Ausdruck zu verschaffen, ist grundsätzlich gesund. Daraus ergeben sich dann Lösungen. Ich würde mir wünschen, dass wir Menschen insgesamt emotionaler kommunizieren. Und es geht auch darum, dass wir uns wieder mehr an der Natur orientieren als an der Armbanduhr, die uns den Takt vorgibt.

Wut als Medizin also?

Manche meiner Patienten denken, Wut haben, bedeute automatisch, böse oder schädlich zu sein und gleich etwas zerschlagen zu müssen. Die Medizin meint aber den „Gefühlsausdruck erlauben“. Den Ärger nicht unterdrücken, nicht herunterschlucken! Weil die Zeitumstellung ja wirklich nervt.

Es geht aber offensichtlich nicht darum, eine Vase in die Ecke zu schmeißen?

Nein, sondern darum, sich sogenannte aversive Gefühle wie Ärger und Neid zu erlauben. Konkret in Bezug auf die Zeitumstellung heißt das: Man kann und darf durchaus darüber wütend sein, dass die Sonne von einem Tag auf den anderen später aufgeht. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich Menschen damit regulieren, es für sich als Trost sehen, dass es abends länger hell ist und dass sie ein halbes Jahr später diese „gestohlene“ Stunde quasi wieder „zurückgeschenkt“ bekommen.

Wie erklären Sie sich, dass Frauen laut Statistik von den Folgen der Zeitumstellung häufiger betroffen sind als Männer?

Wenn Frauen häufiger betroffen sind, heißt das für mich, dass diese im Rahmen von Untersuchungen doppelt so häufig angekreuzt haben, sich subjektiv betroffen zu fühlen. Meine Interpretation: Männer sind möglicherweise genauso betroffen, aber vielleicht zu stolz zuzugeben, dass ihnen „dieses eine kleine Stündchen weniger Zeit“ und „diese doofe Zeitverschiebung“ etwas ausmachen könnte. Deswegen haben sie „habe keine Probleme damit“ angekreuzt.

Ist die Zeitumstellung besonders für all jene Menschen gewöhnungsbedürftig, die einen immer gleichen Tagesablauf haben, also etwa jeden Tag um dieselbe Uhrzeit aufstehen?

Ja. Laut einer Forsa-Umfrage der DAK vom vergangenen Jahr sind Menschen mittleren Alters stärker betroffen: Jugendliche und junge Erwachsene klagen seltener über Probleme, die sogenannte „arbeitende Bevölkerung“, häufiger, weil sie Job und Kinder haben und weniger flexibel sind. „Nicht arbeitende“ Bevölkerungsgruppen können sich besser arrangieren und „ihre eigene Zeit mitnehmen“.

Tipps, um die Tage und Wochen nach der Zeitumstellung besser zu überstehen

  1. Am 24. März am besten mit Schlafmaske und etwas früher schlafen gehen, um früh besser rauszukommen! Und dann am besten gleich direkt ans Tageslicht! Hintergrund ist die Empfehlung von Chronobiologen, sich über Licht und Dunkelheit „neu zu takten“. Licht reguliert die Ausschüttung des Aufwachhormons Cortisol, Dunkelheit die des Schlafhormons Melatonin.
  2. Schon vor dem Tag der Zeitumstellung den Zeitpunkt der Mahlzeiten etwas verändern! Also lieber kein spätes, opulentes Abendessen einnehmen!
  3. Den Übergang zur Sommerzeit sanft gestalten und den natürlichen Schlafrhythmus möglichst beibehalten, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden!
  4. Den Körper schon früher als sonst dem Tageslicht aussetzen! Wer also nach der Zeitumstellung Vorhänge oder Rollo im Schlafzimmer nachts offen lässt, kann die Sonnenstrahlen quasi als Wecker nutzen.
  5. Bewährte einschlaffördernde Naturprodukte wie Hopfen, Melisse, Baldrian oder ein Glas heiße Milch mit Honig können helfen, Einschlafschwierigkeiten zu vermeiden.
  6. Den Körper langsam an die Zeitumstellung gewöhnen! So sollte man im Idealfall schon in den Wochen davor überlegen, wie viel Uhr es nach der Zeitumstellung sein wird – und seine Lebensgewohnheiten, also vor allem Schlafens- und Essenszeiten, an die Sommer- bzw. Winterzeit anpassen!
  7. Um die Zeitumstellung bestmöglich zu verkraften, ist ein gesunder Lebenswandel grundsätzlich förderlich, also vor allem ausreichend Schlaf, Bewegung und eine ausgewogene Ernährung, um den Organismus zu stärken.

Viola Roller, Klinikum Frankfurt (Oder)

 

Ihre Expertin bei psychosomatischen Beschwerden:
Viola Roller
Chefärztin der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Frankfurt (Oder)