Nach einer Massage fühlt sich jeder wohl. Was Martin Scheuplein mit seinen Händen leistet, geht aber weit über die Wellnessbehandlung hinaus: Er ist Masseur und Medizinischer Bademeister an der Neurologischen Klinik am Campus Bad Neustadt.
Wer bei Bademeister an eine Person denkt, die am Beckenrand steht und aufpasst, dass niemand ertrinkt, liegt nicht immer richtig. „Ich stehe höchstens am Badewannenrand“, sagt Martin Scheuplein und lacht. Statt im Schwimmbad für Ordnung zu sorgen, lindert er medizinische Beschwerden neurologischer Patientinnen und Patienten: mit Wickeln, Auflagen, Packungen, Güssen, Bädern mit oder ohne heilsame Zusätze – oder eben mit Massagen. „Die Vorstellung, nur mit den Händen und natürlichen Mitteln Reize zu setzen, auf die der Körper reagiert, hat mich fasziniert, als ich mich für diesen Job entschieden habe“, erzählt Scheuplein. Vorher hat er im Gartenbau gearbeitet, aber der grüne Daumen fehlte. Mit den Menschen klappe es besser als mit den Pflanzen, sagt er.
»Die Vorstellung, nur mit den Händen und natürlichen Mitteln Reize zu setzen, auf die der Körper reagiert, hat mich fasziniert.« Martin Scheuplein
Ein Haus mit vielen Türen
Die nötigen Eigenschaften – Flexibilität, Einfühlungsvermögen und Sensibilität – bringt der Therapeut jedenfalls mit. „Mein Arbeitsalltag ist sehr fordernd, denn ich muss mich immer wieder neu auf die Person vor mir einstellen“, erzählt er. Zu ihm kommen Menschen mit multipler Sklerose, Lähmungserscheinungen, Schmerzen oder akuten neurologischen Erkrankungen. „Ich stelle mir jeden Patienten wie ein großes Haus mit vielen Türen vor“, so Scheuplein, „und jede Tür symbolisiert eine andere Massagetechnik. Meine Aufgabe ist es, die Tür zu finden, durch die der Patient mich reinlässt, damit ich ihm etwas Gutes tun kann.“ Das Schöne an seinem Beruf sei die Möglichkeit, sich immer wieder weiterbilden zu können – und sich damit neue Türen zu erschließen. So hat er sich auf die Reflexzonentherapie spezialisiert und positive Erfahrungen mit der Klangschalentherapie bei Patienten mit eingeschränkter Wahrnehmung gemacht.
Und auch ein Gespräch könne eine Tür sein, denn eine Massage löse auch psychisch etwas aus. Eine Situation ist ihm dabei besonders im Gedächtnis geblieben. „Vor über 20 Jahren habe ich eine Frau durch sanftes Ausstreichen behandelt. Nach der Behandlung habe ich den Raum kurz verlassen, um ihr etwas Ruhe zu geben. Als ich wiederkam und sie gebeten habe, sich aufzusetzen, ist sie in Tränen ausgebrochen. Ich hatte Sorge, etwas falsch gemacht zu haben, aber sie hat mir ganz tolles Feedback gegeben: Sie hat sich in ihre Kindheit zurückversetzt gefühlt und diese sanften Berührungen haben einen Knoten gelöst. Und so schwer, wie sie zur Behandlung gekommen ist, ist sie nicht wieder gegangen“, erzählt er. Woher der Knoten kam, habe er nicht erfahren, aber dieses Bild werde er nie vergessen. Zu der Zeit war Scheuplein noch Praktikant in Bad Neustadt.
Die Schicksale, die er in der Klinik für Neurologie zu sehen bekam, haben ihn damals betroffen gemacht. „Ich hatte großes Glück, dass meine Kollegen mich gehalten haben“, so Scheuplein. Und auch heute fällt es ihm manchmal noch schwer, die Eindrücke von seiner Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen. „Ich bin begeisterter Bogenschütze. Durch die dafür benötigte Konzentration, Körperspannung und Atmung ist dieser Sport ein guter Ausgleich“, erzählt er. Seinen Job hergeben würde er trotzdem nicht – weil er ihn jeden Tag aufs Neue herausfordert.
Experte für Physikalische Therapie:
Martin Scheuplein
Masseur und Medizinischer Bademeister an der Neurologischen Klinik Bad Neustadt