Kann man das Vergessen steuern?

Kann man das Vergessen steuern?

Häufig denken wir daran, uns an wichtige Termine oder Ereignisse zu erinnern und bloß nichts zu vergessen. Wie wichtig aber das Vergessen ist, fällt erst auf, wenn Ereignisse vergessen werden sollen, beispielsweise wenn sie traumatisierend waren und uns noch lange nach verfolgen. Was also passiert im Gehirn beim Vergessen? Welche Hirnregionen regeln diesen Vorgang? Gibt es eines Tages gar eine Möglichkeit das Vergessen zu steuern?

Zwei Hirnregionen haben scheinbar eine Schlüsselrolle beim Vergessen

Mit diesen Fragen beschäftigte sich ein Team des Universitätsklinikums Marburg und der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Kollegen aus Bonn, den Niederlanden und Großbritannien. Sie identifizierten zwei Hirnbereiche – den präfrontalen Kortex und den Hippocampus –, deren Aktivitätsmuster charakteristisch für den Prozess des Vergessens sind.

Die Hirnaktivität maßen sie bei Epilepsie-Patienten, denen zur Operationsplanung Elektroden in das Gehirn implantiert worden waren. Die Ergebnisse ihrer Studie beschreiben die Forscherinnen und Forscher um Carina Oehrn (Marburg) und Prof. Dr. Nikolai Axmacher (Bochum) in der Zeitschrift Current Biology, online veröffentlicht am 6. September 2018.

Die Forscher zeichneten die Gehirnaktivität von 22 Patientinnen und Patienten auf, denen Elektroden im vorderen Teil der Großhirnrinde, dem präfrontalen Kortex, oder einer tiefer liegenden Struktur, dem Hippocampus, implantiert worden waren. Nikolai Axmacher, Carina Oehrn und ihr Team nutzten diese Phase für ihre Studie zum Entstehen des Vergessens: Sie zeigten den Probanden eine Reihe von Wörtern, entweder mit der Bitte, sich an diese zu erinnern oder sie zu vergessen. Ein Test zeigte, dass sich die Teilnehmer tatsächlich schlechter an die zu vergessenden Wörter erinnerten als an die, die sie behalten sollten.

„Die Auswertungsdaten zeigen uns, dass die Aktivität im Hippocampus, einer wichtigen Region für das Gedächtnis, durch den präfrontalen Kortex reguliert wird“, erklärt Carina Oehrn, die die Forschungsarbeiten in Bochum begann und jetzt am Universitätsklinikum in Marburg arbeitet. „Die Aktivität im Hippocampus wird nicht unterdrückt, sondern vielmehr auf eine andere Frequenz geschaltet, in der aktuell verarbeitete Informationen nicht mehr eingespeichert und somit vergessen werden“, so die Neurowissenschaftlerin weiter.

Mögliche Grundlage für neue Therapien

In dieser neuen Erkenntnis zum absichtlichen Vergessen sieht das Team auch eine mögliche Grundlage für neue Therapien der posttraumatischen Belastungsstörung, bei der Menschen negative emotionale Erinnerungen immer wieder wiedererleben, die sie eigentlich vergessen möchten. Carina Oehrn erklärt hierzu: „Zukünftige Studien müssen jedoch den Nutzen einer solchen Behandlung testen.“

 

Dem Vergessen gezielt vorbeugen: Nützliche Tipps

Im Alter an Demenz oder Alzheimer zu erkranken, ist für viele Menschen eine Horrorvorstellung. Weil die häufigste Form der Demenz bislang nicht heilbar ist, steigt das Interesse am Thema Alzheimer-Prävention ständig. Tipps für ein gesundes Altern liefert zum Beispiel die gemeinnützige Alzheimer-Forschung-Initiative (AFI). Denn Alzheimer-Forscher haben nachgewiesen, dass sich durch eine gesunde Lebensweise das Alzheimer-Risiko zumindest senken lässt.

  • Viel Bewegung: Durch ausreichend Bewegung wird nicht nur der Körper fit gehalten, sondern auch das Gehirn. Mindestens zwanzig Minuten pro Tag sind ideal. Dabei geht es nicht um Höchstleistungen, sondern darum, mit Spaß in Bewegung zu bleiben. Gehen Sie Spazieren, Tanzen oder Schwimmen – und nehmen Sie das Fahrrad statt des Autos.
  • Geistige Fitness: Wer sich geistig auf Trab hält, hat ein geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Ob Musizieren, Reisen, Karten spielen, seinen Hobbies nachgehen oder eine neue Sprache lernen – bleiben Sie aktiv und neugierig.
  • Ernährung: Eine mediterrane Ernährung versorgt das Gehirn mit wichtigen Nährstoffen und stärkt seine Abwehrbereitschaft. Essen Sie viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüsse, dafür wenig rotes Fleisch und viel fetten Fisch.
  • Soziale Kontakte: Geselligkeit hält uns geistig fit. Wer viel allein ist, hat ein doppelt so großes Alzheimer-Risiko als jemand mit viel sozialem Austausch. Bleiben Sie mit der Familie in Kontakt, treffen Sie sich regelmäßig mit Freunden und Bekannten und bleiben Sie offen für neue Begegnungen!
  • Medizinische Vorsorge: Sorgen Sie für Ihre Gesundheit und lassen Sie sich regelmäßig vom Arzt untersuchen. Achten Sie besonders auf Symptome für Herz- und Gefäßerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen und erhöhte Cholesterinwerte.