Beim Nabelbruch, auch Nabelhernie genannt, handelt es sich um einen Bruch in der Bauchwand, der manchmal angeboren, oftmals aber auch erworben ist.
Ist er einmal diagnostiziert, kann eine chirurgische Routineoperation verhindern, dass der Bruch größer wird und zunehmende Beschwerden verursacht, im schlimmsten Fall solche lebensbedrohlichen Ausmaßes.
Expertin für das Thema ist Elke Franke, Fachärztin für Viszeralchirurgie und Oberärztin an der Klinik für Allgemeine Chirurgie/Viszeralchirurgie der Zentralklinik Bad Berka.
„Grundsätzlich gibt es mittlerweile ein großes Spektrum an Versorgungsmöglichkeiten, wobei wir immer die für den jeweiligen Patienten individuell beste Lösung finden wollen“, sagt die Expertin. Eine Rolle bei der Auswahl der optimalen Behandlung spielen auch Vorerkrankungen.
Im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog spricht Frau Franke über die Diagnose, Gefahren unbehandelter Nabelbrüche – und den richtigen Zeitpunkt für den operativen Eingriff.
Frau Franke, woran merkt man, dass man möglicherweise einen Nabelbruch hat?
Manche Patienten klagen über ein Drücken und Ziehen, oder, ganz allgemein, über einen Spannungsschmerz in der Bauchwand, in Verbindung mit einer Vorwölbung. Besonders dann, wenn sie sich körperlich angestrengt haben, zum Beispiel nach einem langen Arbeitstag oder nach dem Sport. Von fortgeschrittenen Symptomen kann man sprechen, wenn jemand zum Beispiel nach dem Essen ein Völlegefühl empfindet und die Verdauung offenbar nicht gut funktioniert. Kritisch wird es dann, wenn sich der Darm in die Bruchpforte einzwängt und wieder zurück geht, was sich unter Umständen im Auftreten von Durchfällen zeigen kann. Sollte man solche Beschwerden haben, ist es wichtig, schnell zum Arzt zu gehen und sich innerhalb weniger Tage bis Wochen operieren zu lassen! Werden die Beschwerden heftiger, kann es sich um eine lebensbedrohliche Situation handeln.
Wie kann man sich die Bauchwand, von der Sie reden, vorstellen?
Das ist die Abgrenzung am vorderen Teil des Körpers, in einem Bereich, wo keine Knochen sind. Sie hat unter anderem die Aufgabe, wichtige innere Organe, wie Gedärme und Bauchdrüsen im Körper zu schützen. Sie besteht aus verschiedenen Muskelschichten und Faszien, den Muskelhüllen. Dort, wo sich verschiedene Schichten treffen, gibt es Stellen, die besonders anfällig für Undichtigkeiten sind, zum Beispiel den Nabel. Als Baby hatte man dort ja eine offene Stelle für das „Versorgungskabel“ zur Mutter, die Nabelschnur. Im Normalfall verschließt sich dieses Loch, es bleibt aber trotzdem eine schmale Stelle an der Bauchwand, die prinzipiell bei stärkerer Belastung aufreißen kann. Grundsätzlich gilt: Bei Kleinkindern verwächst sich das Loch in der Regel, bei Erwachsenen dagegen ist dieser Prozess nicht mehr möglich.
Kann man an sich selbst herausfinden, ob man einen Nabelbruch hat?
In der Regel sieht man in diesem Fall einen sich nach außen statt nach innen wölbenden Nabel, der sich mit dem Finger hineindrücken lässt, wobei man ein kleines Loch ertasten kann. Es gibt jedoch individuell sehr unterschiedliche Nabelformen. Lässt sich der Nabel nicht hineindrücken, handelt es sich in den meisten Fällen nicht um einen Nabelbruch. Dann muss gegebenenfalls auch gar nicht behandelt werden.
Und bei eher kräftigen oder übergewichtigen Menschen?
Hier kann es vorkommen, dass – im Extremfall – sogar ein Tischtennisball großer Nabelbruch vorliegt, den man unter Umständen kaum sieht. Einfach weil so viel Unterhautgewebe drumherum ist. In solchen Fällen kann man aber zum Beispiel durch eine eingehende körperliche Untersuchung einen potenziellen Nabelbruch ertasten.
Was ist ausschlaggebend dafür, ob sich im Lauf des Lebens ein Nabelbruch ergibt, oder ob er ausbleibt?
Die Medizin weiß, dass diesbezüglich die Gewebefestigkeit, die man genetisch mitbringt, das sogenannte Bindegewebe, eine große Rolle spielt. Ein Risiko bergen auch bestimmte Erkrankungen und Medikamente, aber eben auch Übergewicht. Auch wer an einer Lungenerkrankung leidet oder raucht, erhöht beim Husten den Druck im Bauch enorm, was einen Nabelbruch begünstigen kann. Kritisch sind hier außerdem chronische Verstopfungen, die den Bauchinnendruck erhöhen, aber auch Berufe oder Hobbys, bei denen die Menschen sehr schwer heben müssen, wie es zum Beispiel bei Bauarbeitern oder auch bei Paketzustellern häufiger der Fall ist.
Wie häufig treten Nabelbrüche grundsätzlich auf?
Grundsätzlich sind Nabelbrüche im Vergleich zu Leistenbrüchen deutlich seltener. Sie machen ungefähr fünf bis zehn Prozent der Bauchwandbrüche aus.
Gibt es verschiedene Formen von Nabelhernien?
Ja, wir unterscheiden in angeborene und erworbene Nabelhernien. Die angeborenen stellen häufig kein Problem dar, weil sie sich wie erwähnt normalerweise verwachsen. Anders sieht es bei den erworbenen Formen aus, die oftmals im Verlauf einen chirurgischen Eingriff erfordern.
Wie kann man sich einen solchen Bruch vorstellen, von wie vielen Zentimetern sprechen wir?
Als relevante Größe achten wir auf die erwähnte sogenannte Bruchpforte, also das Loch in der Bauchwand, aus der sich der sogenannte Bruchsack mit dem Bruchinhalt herauswölbt. Die „kleinen“ Nabelhernien sind ein bis zwei Zentimeter groß und lassen sich relativ einfach reparieren.
Wie läuft das ab?
Wer keine Risikofaktoren hat, kann eine kleine Nabelhernie gut ambulant versorgen lassen, durch eine einfache Naht. Erforderlich ist hier meist trotzdem eine kurze Vollnarkose, oder zumindest ein Spinalnarkose. Grund ist, dass man den Bereich des eröffneten Bauchraums nicht immer mit lokaler Betäubung gut schmerzfrei bekommt.
Was ist im Fall größerer Hernien?
Sind die Brüche ab zwei Zentimeter mittelgroß, oder sogar noch größer, wird der Eingriff umfangreicher, weil man in diesem Fall ein weiches Kunststoffnetz zwischen zwei Schichten in die Bauchwand einnäht, als Gewebeverstärkung. Von außen sieht man es nicht. Manchmal ist dieser Schritt auch bei kleineren Brüchen notwendig, etwa dann, wenn jemand fettleibig oder lungenkrank ist. In diesen Fällen reicht es dann nicht aus, die Bruchpforte zu vernähen und auf Heilung zu hoffen.
Wie kann man sich dieses Netz vorstellen?
Bitte nicht wie ein simples Pflaster, das man einfach über das Loch klebt. Es ist schon etwas komplexer. Es handelt sich um ein grobmaschiges, weiches Gewebe, das, je nach Methode, fixiert werden und eine bestimmte Überlappungsgröße aufweisen muss. Dieses Netz bleibt in der Regel lebenslang an Ort und Stelle und wächst in die Bauchwand mit ein.
Sollte man einen Nabelbruch immer behandeln, oder kann Abwarten auch eine gute Idee sein?
Grundsätzlich handelt es sich um eine Erkrankung, die nicht plötzlich wieder von alleine verschwindet. Auch wenn genau das verständlicherweise die Hoffnung mancher Patienten ist, die in meine Sprechstunde kommen. Ich rate grundsätzlich dazu, die Thematik von einem Chirurgen abklären zu lassen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich um das Problem zu kümmern?
Meine Faustregel: Immer dann, wenn man gerade möglichst wenig andere gesundheitliche Probleme oder Sorgen hat. Aus Erfahrung kommen, je älter man wird, immer mehr gesundheitliche „Baustellen“ hinzu, die einen Eingriff dann möglicherweise verkomplizieren. Also: Je früher, desto besser!
Was kann denn im schlimmsten Fall passieren, wenn ein Nabelbruch unbehandelt bleibt?
Zunächst einmal: Grundsätzlich kann es sein, dass Menschen mit einer Nabelhernie viele Jahre oder sogar Jahrzehnte gut zurechtkommen. Problematisch wird es immer dann, wenn sich die Brüche vergrößern und durch das Loch Organe, Teilorgane oder Bauchfettgewebe hinein- und herausrutschen, oder auch einklemmen. Das kann dann zu Entzündungen führen, die lebensbedrohlich werden können. Lässt sich medizinisch ein Bruch feststellen, der über zwei Zentimeter groß ist, rate ich dringend zur Behandlung. Idealerweise innerhalb eines halben Jahres.
Können Hausärzte einen Nabelbruch diagnostizieren?
Ja, allein schon deswegen, weil der Nabelbruch nicht selten ist und Hausärzte ja im Rahmen ihrer Ausbildung auch chirurgische Kenntnisse erwerben. Ist ein Bruch diagnostiziert, würde ich in jedem Fall anschließend eine Vorstellung in der Sprechstunde Allgemein- oder Viszeralchirurgie planen.
Sie und Ihre Klinik sind dann also die entscheidende Anlaufstelle. Wie sieht die Untersuchung bei Ihnen aus?
Zunächst gibt es ein sogenanntes Anamnesegespräch. Das heißt, wir fragen unsere Patienten nach ihren Beschwerden, wie lange sie schon auftreten, und ob sie eine Vorwölbung des Nabels bemerkt haben. Und falls ja: Ob es ein konkretes Ereignis gab, das damit in Verbindung stand, oder ob das Problem quasi „schleichend“ aufgetreten ist. Klassische Fragen sind auch die nach dem Funktionieren der Verdauung. Dazu gesellen sich allgemeine Fragen zu Nebenerkrankungen, Medikamenten, oder auch Vor-Operationen. Manche Nabelhernie stellt sich zum Beispiel als Narbenhernie heraus. An dieser Stelle ist der Patient schon einmal operiert worden, wobei der Schritt sehr klein und damit fast unsichtbar ist.
Wie geht es dann weiter?
Dann folgt die körperliche Untersuchung, wobei wir uns unter anderem das Herz-Kreislauf-System ansehen. Anschließend wird der Bauch mit beiden Händen untersucht, wobei man nach Vorwölbungen Ausschau hält. Aus Erfahrung ist es so, dass manche Patienten bei einem Nabelbrauch auch noch andere Brüche haben, wie zum Beispiel die der Leisten. Zur Hilfe nehme ich mir manchmal den Ultraschall. Er hilft mir, die Größe der Bruchpforte festzustellen, wenn sich diese nicht eindeutig tasten lässt.
Welche Operationsmethoden gibt es grundsätzlich?
Es gibt offen chirurgische und minimalinvasive Eingriffe, mit und ohne Kunstoffnetz-Implantation. Es gibt einzelne, meist wenige Zentimeter große Schnitte, und bei den minimalinvasiven Eingriffen meist wenige (3 bis 4) kleine bis kleinste Schnitte. Im Rahmen der minimalinvasiven Versorgung haben wir auch Verfahren, bei denen wir mit Unterstützung unseres Da-Vinci-Roboters operieren. Wenn die Hernien größer sind, oder wenn es keine primären Nabelhernien sind, sondern Narbenhernien, kann eine sogenannte Schnittbilduntersuchung nötig sein, also CT oder MRT. Das liefert uns dann weiterführende Informationen über betroffene Bauchschichten und Bauchmuskeln. Das betrifft aber eher die komplexeren Hernien. Die genaue Operationsmethode für den einzelnen Patienten wird natürlich individuell besprochen und durch die behandelnden Chirurgen zusammen mit dem Patienten festgelegt.
Ihre Expertin für Viszeralchirurgie:
Fachärztin für Viszeralchirurgie und Oberärztin an der
Klinik für Allgemeine Chirurgie/Viszeralchirurgie
der Zentralklinik Bad Berka