Gelenkentzündung mit Strahlen behandeln

Gelenkentzündung mit Strahlen behandeln

Entzündliche Gelenkerkrankungen schnell in den Griff zu bekommen, das gelingt anhand der sogenannten nuklearmedizinischen Gelenktherapie, auch Radiosynoviorthese genannt.

Obwohl viele Patienten beim Thema Nuklearmedizin eher an Atomkraftwerke als an Medizin denken, ist die Behandlung ungefährlich, versichert Dr. Knut Liepe, Chefarzt der Nuklearmedizin am Gesundheits-Campus Klinikum Frankfurt (Oder). Das Vorgehen sei sehr einfach, sagt der Experte, deswegen habe sich die Therapie auch seit den Sechzigerjahren nicht mehr wesentlich verändert.

600 bis 700 Gelenke werden jährlich in der Klinik für Nuklearmedizin am Klinikum Frankfurt (Oder) behandelt. In Deutschland, sagt Dr. Liepe, würden weltweit die meisten Gelenktherapien durchgeführt. Das Land sei hier für höchste Kompetenz bekannt, weswegen er auch regelmäßig internationale Patienten begrüßt.

Die Radiosynoviorthese gilt als eine „hocheffektive Therapie” und ist als „Idealform der nuklearmedizinischen Therapie” bekannt. Der Arzt spritzt lokal ein radioaktives Medikament in das Gelenk.

„Wir haben viele Patienten, die wirklich freudestrahlend zu uns kommen, weil sich mittlerweile herumgesprochen hat, dass die Spritze kurz wehtut, aber einen langfristig positiven Effekt hat”, sagt Dr. Liepe.

Nach wie vor ein Problem: Patienten selbst können nur schwer auseinanderhalten, ob ihr Schmerz von einer Arthrose, also einer unumkehrbaren Gelenkveränderung, oder von einer Entzündung, also einer Arthritis, kommt, die sich anhand der Radiosynoviorthese effektiv behandeln lässt.

Als Experte kann man das allerdings schnell herausfinden, sagt Dr. Liepe, und verweist auf das breitgefasste Kompetenzspektrum seines Hauses: „Manche Kliniken behandeln nur Knie oder Schultern. Wir hingegen übernehmen alle Gelenke und haben dementsprechend große Erfahrung.“ Im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog spricht er über den Therapieablauf, Vorteile der Radiosynoviorthese, und darüber, weshalb die Behandlung fast ausschließlich ambulant durchgeführt wird.

 

Herr Dr. Liepe, wonach fragen Sie Ihre Patienten, wenn Sie Hinweise auf eine entzündliche Gelenkerkrankung bekommen möchten?

Ich frage meinen Patienten, ob er an einem lokalen Hitzegefühl des Gelenkes oder einer Schwellung im Gelenk leidet. Oder ob er in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist. Das alles sind Hinweise auf eine Entzündung.

Bei welchen Krankheitsbildern kommt die Radiosynoviorthese als Gelenktherapie zum Einsatz?

Hauptsächlich bei Rheuma. Wir haben aber auch viele Patienten, die eine Arthrose im Gelenk haben, und in Folge dieser eine Entzündung entwickeln. Darüber hinaus gibt es auch Patienten, die eine Endoprothese mit Erguss im Knie haben.

Ist die Radiosynoviorthese bei diesen Krankheitsbildern das Mittel erster Wahl?

Grundsätzlich: Rheuma ist eine systemische Erkrankung. Betroffene Patienten bekommen zunächst einmal für ein halbes Jahr eine medikamentöse Therapie. Danach prüfen wir, ob es Gelenke gibt, die auf diese medikamentöse Therapie nicht ansprechen. Und nur diese Gelenke sollten dann behandelt werden.

Wie läuft die Therapie ab?

Man setzt eine Spritze ins Gelenk, und spritzt dann radioaktive Mikropartikel ein. Diese haben einen Durchmesser von ungefähr zehn Mikrometer, sind also extrem klein. Diese Partikel werden dann von den sogenannten Makrophagen aufgenommen. Das sind Fresszellen, die für die Immunabwehr zuständig sind. Diese werden von der Schleimhaut aufgenommen und in die Tiefe transportiert, so dass die ganze Schleimhaut behandelt wird.

Was ist der Vorteil der Therapie?

Wenn man von außen bestrahlen würde, müsste die radioaktive Dosis stark eingeschränkt werden, da ansonsten zu viel gesundes Gewebe bestrahlt würde. Bei der Radiosynoviorthese hingegen geht der Großteil der Strahlung wirklich dorthin, wo sie hin soll, also eben in der Schleimhaut. Die Strahlung außerhalb des betroffenen Gelenkes ist sehr gering.

Wird die Behandlung stationär oder ambulant durchgeführt?

Fast nur ambulant. Patienten, die nicht laufen können, nehmen wir in Einzelfällen stationär auf. Grundsätzlich ist es so, dass der Patient seine Überweisung vom Hausarzt bekommt und anschließend zum Zweck einer Voruntersuchung bei uns erscheint. Diese dauert ungefähr drei Stunden. Wir prüfen mit Hilfe einer Knochenszintigrafie, welche Gelenke entzündet sind. Anschließend besprechen wir mit dem Patienten den Therapieplan, worauf er einen ambulanten Termin bekommt.

Wie lange dauert der dann?

Das Spritzen dauert um die zehn Minuten. Der Patient sollte das Gelenk dann zwei Tage ruhen lassen, damit die Radioaktivität nicht aus ihm abströmt.

Häufig ist zu lesen, man sollte die Therapie möglichst frühzeitig durchführen. Ist das richtig?

Ja. Grundsätzlich muss ich hier Folgendes vorwegnehmen: Wir behandeln nur die Entzündung, also die Arthritis. Die Gelenkveränderung, also die Arthrose, können wir mit dieser Methode nicht behandeln. Manchmal ist das Problem, dass die Arthritis zu spät erkannt wird. Dann können wir zwar die Beschwerden noch lindern, aber das Gelenk häufig nicht gänzlich schmerzfrei bekommen, weil es eben schon nachhaltig geschädigt ist. Wenn man das Gelenk hingegen frühzeitig behandelt, kann man es noch heilen.

Kommen die meisten Leute eher zu spät zu Ihnen?

Nein, das hat sich verbessert. Früher habe ich gerade bei Rheuma-Patienten fortgeschrittene Gelenk-Destruktionen erlebt. Das hat deutlich nachgelassen, auch durch eine verbesserte medikamentöse Therapie. Fakt ist auch: Bei manchen Arthrosen treten die Gelenkentzündungen frühzeitig auf, bei anderen eher spät.

Hat der Patient nach der Radiosynoviorthese in der Regel Ruhe, oder muss er in regelmäßigen Abständen wieder behandelt werden?

Viele Patienten sehe ich nach mehreren Besuchen nie wieder. Da muss man davon ausgehen, dass sie keine wesentlichen Beschwerden mehr haben.

Ihr Experte für Radiosynoviorthese und Nuklearmedizin

 

 

 

 

 

 

PD Dr. Knut Liepe
Facharzt für Nuklearmedizin und Kinderheilkunde am Gesundheits-Campus Klinikum Frankfurt (Oder)