So wird der Arbeitsplatz optimal eingerichtet

So wird der Arbeitsplatz optimal eingerichtet

Ein großer Teil deutscher Arbeitnehmer befindet sich seit Längerem im Homeoffice. Glücklich all jene, die schon längst ein gut eingerichtetes Büro zuhause haben. Wer das nicht hat, ist gut beraten, sich ein paar Tipps einzuholen. Am besten direkt vom Experten: Dr. Daniele Bencivinni ist Facharzt für Anästhesiologie und Arbeitsmedizin. Zum Tag der Rückengesundheit am 15. März beantwortet er die wichtigsten Fragen rund ums Thema gesundes Arbeiten.

Man muss kein Experte sein und Fachbücher wälzen, aber eine gewisse Achtsamkeit und ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie man selbst gesund arbeiten kann, sagt der Experte im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog. Erstes Gebot: Man sollte grundsätzlich darauf achten, einen Raum zu nutzen, der ein entspanntes und ruhiges Arbeiten ermöglicht.

Herr Dr. Bencivinni, die vielleicht wichtigste Frage zuerst: Wie platziere ich mich selbst an meinem Schreibtisch?

Experten sprechen hier von der sogenannten Ergonomie. Wer steht, sollte darauf achten, eine gerade Haltung einzunehmen, und dafür sorgen, dass die Unterarme auf dem Tisch entspannt aufliegen. Wichtig ist auch, dass die Schultern nicht hängen oder die ganze Zeit gehalten werden müssen.

Und beim Sitzen?

Angenehm ist, sich am Arbeitsplatz ein wenig dynamisch zu bewegen, zum Beispiel auf dem Stuhl, auf dem man sitzt. Der sollte in der Höhe richtig eingestellt sein: Die Füße sollten flach am Boden stehen, die eigenen Beine dürfen dabei nicht eingeklemmt sein, damit der Blutfluss nicht gestört wird und man nicht in einer Zwangshaltung verharrt. Manche Menschen empfinden auch Fußstützen als sehr angenehm. Die kann man ja mal ausprobieren.

Thema Bildschirm: Wie sollte ich den einstellen?

Beim Blick direkt auf den Bildschirm, sollte man darauf achten, den eigenen Kopf leicht nach unten zu neigen, dann nämlich hat die Halswirbelsäule eine entspannte Position, wie beim Zeitungslesen. Wenn man nach oben schauen muss, ist das hingegen für die Halswirbelsäule ungünstig und kann später zu Problemen führen. Zu prüfen wäre auch, ob der Abstand von Augen und Bildschirm ausreichend ist. Die optimale Distanz hängt natürlich von der Größe des Monitors und seiner Auflösung ab und sollte ca. 50 bis 80 Zentimeter betragen. Wer für die Nähe eine Brille braucht, sollte diese unbedingt aufsetzen. Die Frage, ob eine Bildschirmbrille benötigt wird und welche Sehhilfe wann und für wen geeignet ist, kann im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge geklärt werden. Eine zusätzliche augenärztliche Abklärung kann manchmal hilfreich sein.

Manche Personen sehen mit gerade gerichtetem Blick die oberen 10 Prozent des Bildschirmes. Ist das gut oder schlecht?

Hier galt immer der Spruch: „Oberkante: Oberlid“. Mittlerweile wird es von der Arbeitsmedizin als optimal angesehen, wenn der Bildschirm, ähnlich einem Notenständer oder einem Buch beim Lesen, um die 15 Grad nach hinten geneigt ist, sodass man als Nutzer von oben darauf schauen kann. Der Kopf ist dann automatisch gerade und leicht nach vorne gebeugt. So erhält man beim Geradeausschauen einen Blickwinkel von ca. 35 Grad auf den Monitor, der einen größtmöglichen Sichtbereich bei entspannter Kopfhaltung ermöglichen soll. Bei Arbeitsplatzbegehungen stellen wir oft fest, dass Mitarbeitenden ihren Monitor zum Beispiel nach rechts ausgerichtet haben und somit eine dauerhafte Kopfhaltung nach rechts einnehmen. Die führt langfristig zu einseitigen Belastungen und kann Verspannungen und Schmerzen im Bereich Hals, Nacken und Schultern verursachen.

Was ist, wenn man zwei oder mehrere Monitore hat?

Dann stellt sich zunächst die Frage, welcher der Hauptmonitor ist, der am meisten genutzt wird. Auf diesen sollte sich der Benutzer, was Einstellung und Sitzposition angeht, fokussieren. Oftmals sind weitere Monitore nur solche, auf die man hin und wieder blickt. Dann ist es ok, wenn man sich auf dem Drehhocker einfach mal in die jeweilige Richtung bewegt. Schädlich ist allerdings eine dauerhaft gedrehte Sitzposition. Also lieber nicht eine halbe Stunde nach rechts oder links schauen. So würde eine Zwangshaltung entstehen, die wiederum zu Problemen der Halswirbelsäule und der Schulter führen kann. Interessanterweise ist es laut Statistiken in Deutschland so, dass trotz zahlreicher Bemühungen die Mitarbeitenden gerade sitzen, aber eben permanent nach rechts schauen.

Lieber einen Stuhl mit oder einen ohne Lehne?

Ich rate zu einer Lehne, einfach weil diese den Rücken entlastet. Auf der anderen Seite sind freistehende Hocker empfehlenswert, weil der Nutzer quasi gezwungen wird, eine gerade Sitzhaltung einzunehmen. Es gibt auch wippende ergonomische Stühle, die ich gar nicht schlecht finde. Die ganze Zeit ohne Lehne verbringen sollte man allerdings nicht. Eine statische Haltung über einen zu langen Zeitraum sollte vermieden werden.

Was ist mit Maus und Tastatur?

Hier ist wichtig, den Arm und die Handgelenke nicht so weit zu strecken, um diese sogenannten Peripheriegeräte zu erreichen. Das Zauberwort heißt auch hier: Entspannung! Sonst entstehen Probleme mit den Sehnen, wie zum Beispiel Sehnenscheidenentzündungen. Hierbei können eine ergonomische Maus und Tastatur weiterhelfen.

Lassen Sie uns über Licht reden…

Ein Bildschirm-Arbeitsplatz sollte mindestens 500 Lux hell sein. Das ist ein Richtwert. Je älter man wird, desto mehr Licht sollte man beim Arbeiten haben. Zudem sollte der Arbeitsplatz gleichmäßig ausgeleuchtet sein. Braucht man zusätzlich zum Tageslicht eine Lampe, sollte das Licht vorzugsweise senkrecht zum Bildschirm von oben oder von der Seite kommen, auch, damit es die Augen nicht blendet und nicht in den Monitor hineinleuchtet.

Und wie sollte man den Bildschirm hinsichtlich des Lichteinfalls platzieren?

So, dass er im 90-Grad-Winkel zum Fenster steht. Ansonsten werden entweder die Augen geblendet, oder Licht sorgt auf dem Bildschirm für Spiegelungen.

Und zu welcher Art von Licht raten Sie?

Tageslicht ist hinsichtlich des Themas Aktivierung, Wachheits- und Aufmerksamkeitsgrad optimal. Der blaue Anteil im natürlichen Tageslicht steigert Studien zufolge die Produktivität und die Konzentrationsfähigkeit. Demzufolge ist Tageslicht anderen Lichtarten beim Arbeiten immer vorzuziehen. Soll oder muss es künstliches Licht sein, empfehle ich Tageslichtlampen. Diese können in den dunklen Wintermonaten auch gegen Depressionen helfen. Wichtig: Sie sollten mindestens 10.000 Lux erreichen.

Was ist mit dem oft als angenehm empfunden rötlichen Licht?

Solches Licht, wie etwa Kerzenlicht, entspannt und macht müde. Dementsprechend sinkt logischerweise auch die Leistungsfähigkeit. Und es leidet die Farbwahrnehmung. Dennoch sollte man wissen: Der Wechsel von kaltem und warmem Licht ist für unseren physiologischen Tag-Nacht-Rhythmus wichtig. Ihn zu stören, ist nicht ratsam. Also lieber keine Tageslicht-Lampen nach 22 Uhr abends nutzen und dem Körper damit suggerieren, es sei Tag. Auch ein Blaufilter am Bildschirm kann nützlich sein.

Haben Sie noch ein paar Tipps fürs Arbeiten parat?

Ich rate grundsätzlich zu einer gewissen Achtsamkeit während der Tätigkeit. Man sollte sich also hin und wieder während des Arbeitens fragen: Sitze ich ordentlich und bequem? So kann man regelmäßig die eigene Körperhaltung beobachten und anpassen. Ich wurde gefragt, ob auch bestimmte Kleidungsstücke die Körperhaltung unterstützen können. Also solche, die eng anliegen und die Körperhaltung optimieren. Zur Daueranwendung rate ich hier allerdings nicht. Da bei derartigen Kleidungsstücken das Korsett die Körperhaltung stützt, kann es sicherlich zeitweise die Muskulatur entlasten. Sinnvoller ist auf Dauer, dass man Halte- und Stützmuskulatur trainiert.

Was sind die häufigsten Fehler, die Ihnen über die Jahre hinsichtlich der Einrichtung von Arbeitsplätzen aufgefallen sind?

Am häufigsten ist der Bildschirm nicht richtig eingerichtet und passt in vielen Fällen nicht zur davor sitzenden Person. Auch Stuhl, also Größe, Höhe und Sitzfläche sowie Tisch passen oftmals nicht.
Ein beliebter Fehler ist auch, dass keine Pausen in die Arbeit integriert werden: ein paar Gymnastikübungen oder ein kleiner Spaziergang, kurz in die Ferne blicken oder eine Pause zum Kaffee holen – das wirkt Wunder. Grundsätzlich rate ich auch zu mehreren kurzen statt zu einer langen Pause. Daneben ist es wichtig, sich auch im Privaten genug zu bewegen: Spazieren, Walken, Ergometer, Crosstrainer – das ist alles sehr sinnvoll, am besten mindestens eine Stunde pro Tag. Und natürlich spielt auch eine ausgewogene Ernährung eine wichtige Rolle.

 

 

 

 

Ihr Experte für Arbeitsmedizin:

Dr. med. Daniele Bencivinni
Facharzt für Anästhesiologie und Arbeitsmedizin
Arbeitsmedizinisches Zentrum, Zentraklinik Bad Berka