Die 100.000ste Operation mit Herz-Lungen-Maschine

Die 100.000ste Operation mit Herz-Lungen-Maschine

„Ich habe zunächst nur beiläufig mitbekommen, dass es tatsächlich die exakt hunderttausendste Operation war, die wir mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt haben“, sagt Professor Dr. Anno Diegeler im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog. Er ist Chefarzt der Klinik für Kardiochirurgie am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt, an der jährlich etwa 2.000 Operationen am offenen Herzen stattfinden.

Das medizintechnische Gerät, über das er spricht, ist mittlerweile ein echter Technik-Klassiker, der Spezialisten weltweit seit Jahrzehnten während oft aufwändiger Operationen rund ums Herz dabei unterstützt, die lebenswichtige Kreislauffunktion des Organs zu simulieren. Die ersten Operationen am ruhenden Herz mit der Herz-Lungen-Maschine wurden vor genau 60 Jahren durchgeführt. Überhaupt, Herzchirurgie und Herz-Lungen-Maschine würden „eine untrennbare Einheit“ bilden, so Diegeler.

Übernahme von Herz- und Lungenfunktionen

Neben der Pump-Funktion, für die normalerweise ja das Herz zuständig ist, übernimmt das mit allerhand Schläuchen und Monitoren ausgestattete, aber ansonsten eher unauffällige Gerät auch die wichtigen Lungenfunktionen Sauerstoff-Anreicherung und Kohlendioxid-Elimination. Mit ihren sog. Roller-Pumpen, die für einen konstanten Transport des Blutes im Kreislaufsystem inner- und außerhalb des Körpers sorgen, ist die Herz-Lungen-Maschine somit die Voraussetzung dafür, dass Herzoperationen an ruhig gestellten, also nicht-schlagenden und blutleeren Herzen überhaupt durchgeführt werden können.

Eine weitere Voraussetzung für die reibungslose OP ist die Verhinderung der Blutgerinnung, die durch die Erfindung von Heparin im Jahr 1916 möglich wurde. Ohne diese Substanz würde das Blut schon in der Herz-Lungen-Maschine gerinnen. Speziallösungen ermöglichen darüber hinaus das Stoppen des Herzrhythmus. Sie sorgen dafür, dass der Energiebedarf des Herzens während der bis zu zwei Stunden andauernden Ruhephase deutlich reduziert wird. „Grundsätzlich sind bei sehr komplexen Operationen aber auch noch längere Ruhephasen möglich“, sagt Professor Diegeler.

Hunderttausendste Patientin operiert

Von ärztlicher Expertise und ausgereifter Technik profitieren konnte über die Jahrzehnte eine große Anzahl von Patienten. Neben Eingriffen im Herz geht es zunehmend auch um Menschen, die in der Peripherie des Herzens operiert werden müssen. Wie eben jene Patientin, für die kürzlich an der Klinik für Kardiochirurgie am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt zum einhunderttausendsten Mal die Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz kam.

Mit, für den Eingriff relativ jungen 61 Jahren, hat sie eine neue Herzklappe bekommen. Eine angeborene Entwicklungsstörung dieser war Grund für die Operation. Die Patientin hat eine hochmoderne biologische Klappenprothese erhalten, mit der Aussicht auf eine längere Haltbarkeit, sagt Diegeler: „Der Verlauf der Operation war völlig unkompliziert, und die Patientin musste nur acht Tage im Krankenhaus bleiben.“

Die Herz-Lungen-Maschine, die auch diese Operation wieder möglich gemacht hat, bezeichnet Diegeler als inzwischen ausgefeilte Technik. Immer wieder gebe es Anläufe der Medizintechnik, das Maschinen-Setup zu verkleinern, was aber bisher keinen wesentlichen Vorteil in der Nutzung gebracht habe. Interessanter seien da schon die Versuche, die Steuerung der Herz-Lungenmaschine zu automatisieren, ähnlich dem Autopiloten beim Flugzeug. Hier dürfte aber noch viel Entwicklungsarbeit bevorstehen.

Ihr Experte für Herzkrankheiten:

Professor Dr. Anno Diegeler
Chefarzt der Klinik für Kardiochirurgie am
RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt