Fortschritt durch Digitalisierung: Dank des sogenannten Notfall-, Informations- und Dokumentationsassistenten, kurz: NIDA, kommunizieren Rettungsleitstelle, mobiler Rettungsdienst und Klinik immer effektiver miteinander. Der Einsatz von NIDA kann leben retten, wenn jede Sekunde zählt. Das Notfallassistenzsystem wird bereits über 30.000 Mal pro Monat eingesetzt – an 120 Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Der Schlüssel zum Erfolg: Ein Tablet Marke Eigenbau, viele Daten – und jede Menge Entwicklungsarbeit. Im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog erklären Dr. Hassan Soda, Leitender Arzt der Neurologischen Klinik Bad Neustadt des RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt, und Patrick Eder, Innovationsmanager am Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen (ZTM), was NIDA schon alles kann – und in Zukunft können wird.
Das Notfallassistenzsystem NIDA kommt bereits über 30.000 Mal pro Monat zum Einsatz, an 120 Kliniken in Deutschland, Österreich und Schweiz, sagt Patrick Eder. Der IT-Fachmann ist verantwortlich für die Weiterentwicklung des unterfränkischen Erfolgsprodukts, das in den vergangenen Jahren eine steile Karriere gemacht hat.
Hilfe für Schlaganfallpatienten legte Grundstein für NIDA-Entwicklung
Der Grundstein für die Entwicklung legte der Wunsch nach einer besseren und schnelleren Versorgung von Schlaganfallpatienten. Hier geht es in erster Linie darum, die Betroffenen möglichst schnell zu behandeln, da permanent die Gefahr besteht, dass das Gehirn bleibende Schäden nimmt. Warum also nicht ein System entwickeln, das in der Lage ist, die im Rettungswagen befindlichen Patienten vorab in der Klinik anzumelden, mit allen für die behandelnden Ärzte notwendigen Informationen über den Patienten?
Früher passierte das nach Möglichkeit per Telefon. Heute macht es NIDA – verlässlicher und genauer. Die Vorabinformationen, die das Tablet an das Krankenhaus übermittelt, sind entscheidend, wenn es darum geht, dass in der Klinik alles perfekt für den Notfall vorbereitet werden kann.
Zwischen der Rettungsleitstelle, dem Krankenhaus und dem Rettungswagen bestand schon immer ein hoher Bedarf an genauer Abstimmung. „Die Herausforderung während der Entwicklungsphase von NIDA war es, die unterschiedlichen Sprachen der einzelnen Akteure aufeinander abzustimmen”, sagt Patrick Eder. Jeder Akteur im Rettungsdienst und in der Notaufnahme habe seine eigenen Prozesse, und diese zum Wohl der Patienten zu verzahnen, sei wichtig. Und genau das funktioniert heute dank der fortschreitenden Digitalisierung sehr gut.
NIDA übermittelt Daten aus dem Rettungswagen in die Klinik
Mittlerweile geht es auch längst nicht mehr nur um den Schlaganfall. Per Knopfdruck kann jedes erdenkliche Krankheitsbild per NIDA vom Rettungswagen aus bei der Klinik vorangemeldet werden. Eine Eingabemaske des Tablets zeigt den Sanitätern die geläufigsten Krankheitsbilder. Alle anderen finden sich per Suchmaske.
Das Gerät sei aus guten Gründen Marke Eigenbau, erzählt Eder. Es ist sturzsicher, wasserdicht, enthalte mehrere SIM-Karten für bestmöglichen Mobilfunkempfang und zeichne sich durch eine besonders starke Akkuleistung aus. Dass es auch in Extremsituationen funktioniert, ist besonders wichtig. Im Krankenhaus finden sich auf dem sogenannten Arrivalboard, einer Anzeigetafel, wie man sie vom Flughafen her kennt, die wichtigsten von NIDA gelieferten Infos als Kurzüberblick fürs Klinikpersonal.
Wie in allen anderen Branchen geht es auch im Gesundheitssektor längst um die effektive Nutzung von Daten. Der verantwortungsvolle Umgang mit personenbezogenen Informationen ist im Bereich Medizin natürlich besonders wichtig und von daher auch bei NIDA Pflicht. Schon deshalb wird hier der gesamte Datenverkehr zwischen Rettungsleitstelle, Rettungswagen und Krankenhaus nach neuestem Stand der Technik verschlüsselt.
Notfallversorgung der Patienten durch NIDA optimiert
Überzeugt vom digitalen Notfallsystem ist man nicht nur auf der Seite der technischen Entwickler, sondern auch in der Praxis: Lob gibt es zum Beispiel von Dr. Hassan Soda. Er ist Leitender Arzt in der Neurologischen Klinik am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt, die bei der Konzeption von NIDA eine tragende Rolle gespielt hat – und weiterhin spielt: „Was wir heute anwenden, ist das Endprodukt von viel Forschung und Entwicklung. Durch NIDA ist es uns möglich geworden, die gesamte Notfallversorgung unserer Patienten zu optimieren”, sagt Soda im Gespräch mit dem RHÖN-Gesundheitsblog.
Besonders hilfreich für ihn und sein Team in der Neurologischen Klinik sei der komplett digital ablaufende Anmeldeprozess: „Uns liegen dann Basisdaten wie Name, Geburtsdatum, Wohnort und Krankenkasse schon vor bevor der Patient bei uns eingeliefert wird. Zudem erhalten wir frühzeitig eine Einschätzung über das Krankheitsbild, darüber, wie schwer der jeweilige Patient betroffen ist, sowie Vitalparameter, und teilweise auch wichtige Informationen über Vormedikation. Darüber hinaus bekommen wir eine ziemlich genaue Schätzung über die Ankunftszeit in der Klinik. Das hilft mir und meinem Team, unsere Zeit besser einzuteilen und notwendige Ressourcen bereitzuhalten. Dadurch wird die Behandlungszeit deutlich verkürzt, ganz nach dem Motto „Time is Brain“.
Und das nächste Update von NIDA ist schon in der Mache: Der Name der Weiterentwicklung lautet „Tele-Stroke” und beinhaltet eine stabile Videoübertragung vom Einsatzort der Rettungssanitäter in die Klinik. Im Moment handelt es sich noch um ein Pilotprojekt mit etwa 50 Patienten. „In einem halben Jahr starten wir dann die Auswertung. Wir haben vor, das Projekt auf ganz Deutschland auszuweiten”, sagt Soda: „Die Videos bringen uns in der Klinik dann noch einen Schritt weiter.“
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