Statistiken zufolge fällt sechs Millionen Menschen in Deutschland das Atmen schwer. Oft leiden sie unter einer sogenannten chronisch-obstruktiven Bronchitis, kurz: COPD. Was oft als harmloser Raucherhusten abgetan wird, ist eine ernst zu nehmende Erkrankung.
Die einfache Bronchitis wird meist durch Viren hervorgerufen und kann in der Erkältungsphase praktisch jeden treffen. Von ihr zu unterscheiden ist die sogenannte chronisch-obstruktive Bronchitis, die in den allermeisten Fällen vom Zigarettenrauchen herrührt, sagt Dr. Holger Metze. Er ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Pneumologie am Medizinischen Versorgungszentrum des Klinikum Frankfurt (Oder).
Das Rauchen, weiß der Experte, führe dazu, dass die Bronchien ständig gereizt würden, und dadurch werde eine chronische Entzündung hervorgerufen. „Diese führt dann dazu, dass die Atemwege sich verengen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Patienten Luftnot entwickeln.“
Der Lungen-Spezialist spricht hier von einem „chronischen Krankheitsbild”, das nicht nach ein paar Wochen einfach wieder verschwinde: „Die chronisch-obstruktive Bronchitis ist ein beschleunigter Alterungsprozess der Lunge”. Bei Personen, die 60 Jahre alt sind, sehe das Organ oftmals aus, als seien sie schon 80.
Betroffene meist Ende 40
Von der Krankheit betroffen seien in der Regel Menschen mittleren und gehobenen Alters. „In aller Regel sind die Menschen Ende 40”, sagt Dr. Metze. Wenn jemand über 40 sei, viel rauche und „ständig Husten” habe, dann sollte man die Lungenfunktion prüfen und schauen, ob eine COPD vorliegt.
Neben der Hauptursache, langjähriges Rauchen, kann COPD in seltenen Fällen auch durch Staubbelastung am Arbeitsplatz oder aus der Umwelt ausgelöst werden, gelegentlich auch durch erbliche Faktoren, wie den Mangel an Schutzproteinen. Neun von zehn COPD-Patienten sind Raucher, oder waren es einmal.
Immerhin: Rechtzeitig erkannt, lässt sich die COPD zwar nicht heilen, aber gut behandeln. Die Erkrankung entsteht nicht plötzlich, sondern entwickelt sich langsam über Jahre hinweg. Das Problem: Die Anfangsbeschwerden werden häufig auf die leichte Schulter genommen. Die Patienten gehen oftmals erst zum Arzt, nachdem die Krankheit schon lange besteht.
Atemnot als Warnsignal
Dr. Metze rät potenziellen Patienten grundsätzlich, schon bei den ersten Anzeichen zum Arzt zu gehen. Als Warnsignal gelte neben dem chronischen Husten vor allen Dingen Atemnot. Wichtig: Nicht jeder chronische Husten muss allerdings gleich eine COPD bedeuten.
Auf die Spur kommt man der Erkrankung mit einem sogenannten Lungenfunktionstest. Dabei wird unter anderem die Luftmenge gemessen, die der Patient innerhalb einer Sekunde nach der größtmöglichen Einatmung wieder ausatmet. Geprüft wird auch, ob beim Patienten eventuell eine Allergie vorliegt.
„Wir machen auch ein Röntgenbild der Lunge, um zu gucken, ob es am Organ Lunge selbst irgendwelche sichtbaren Schädigungen gibt. Ist die Lungenfunktion gestört, werden also nicht die alters-, geschlechts- und gewichtsspezifischen Normwerte erreicht, machen wir als Nächstes einen sogenannten Bronchospasmolyse-Test. Hier geben wir ein Medikament, das die Bronchien erweitert, und schauen, ob der Patient darauf reagiert, oder nicht. Danach richtet sich dann auch die weitere Behandlung.“
Grundsätzlich fuße die COPD-Therapie auf drei Säulen: Der medikamentösen Behandlung gehe es um die Erweiterung der Bronchien. Zweitens werde versucht, noch rauchende Patienten davon zu überzeugen, damit aufzuhören. Dritter Pfeiler sei die Förderung körperlicher Aktivität.
Nikotinverzicht als „einzig kausale Therapie”
Besonders wichtig, betont der Lungen-Spezialist, sei während der gesamten Therapie die Mitarbeit des Patienten selbst: „Ein absolutes Muss ist ein möglichst baldiger Nikotinverzicht. Das ist die einzig kausale Therapie, mit der man die Krankheitsursache an der Wurzel anpackt.“
Begleitend gebe es noch andere Behandlungsmaßnahmen, etwa das Inhalieren. Hiermit versuche man, die verengten Bronchien wieder zu erweitern. Außerdem, rät Dr. Metze, sollten Betroffene an speziellen Fitnesstrainings teilnehmen, um das Herz-Kreislauf-System und die Muskeln wieder aufzubauen. Lungensport sei ein wesentlicher Teil der Behandlung. Er ergänze die medikamentöse Therapie und werde innerhalb der ersten beiden Jahre von der Krankenkasse übernommen.
Ein großes Problem, das alle COPD-Patienten betrifft, ist die vermehrte Schleimbildung. Sie werde dadurch verursacht, dass die Reinigungsfunktion der Lunge unterdrückt werde. „Da gibt es Flimmerhärchen, die Bakterien und Staubpartikel aus der Lunge herausbefördern.“ Die Entzündung der Bronchialschleimhaut, als Folge der ständigen Reizung durch eingeatmete Schadstoffe, hemmt die Aktivität dieser Flimmerhärchen, die das Sekret abtransportieren.
Durch die chronische Entzündung werde zudem viel Schleim gebildet. Auch Patienten, die mit dem Rauchen aufhören, würden sehr darunter leiden, dass sie so verschleimt seien. Dieses Problem lasse sich allerdings „nur sehr schwierig angehen”, das sei „ein bisschen frustrierend”, sagt Dr. Metze. Schleimlöser würden leider nur kurzfristig wirken. Immerhin gebe es mittlerweile Atemtherapie-Geräte, die dafür sorgen könnten, dass sich der Schleim in der Lunge ein wenig besser löst, was zur Folge habe, dass der Patient ihn besser abhusten könne.
Beschleunigte Alterung der Lunge
Eine Heilung von COPD kann die Medizin derzeit nicht versprechen: „Das Problem ist ja die beschleunigte Alterung der Lunge, gegen die es keine Medikamente gibt.“ Immerhin: „Hat der Patient es geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören , haben wir einzelne Fälle, bei denen es besser wird.“
In den meisten Fällen sei man allerdings froh, wenn man den derzeitigen Zustand halten könne. Die verminderte Lungenfunktion verlaufe ja irgendwann in Richtung Invalidität. Und hier sei eben die Frage, ob diese fünf oder zehn Jahre früher oder später eintrete.
Es gibt allerdings auch Nachrichten, die Dr. Metze optimistisch stimmen: Zum Beispiel die, dass der Anteil an Rauchern bei Schülern derzeit abnehme. Das sei gut, denn die Lunge leide sehr darunter, wenn man schon in jungen Jahren mit dem Rauchen anfängt.
Ihr Experte für Bronchitis:
Dr. med. Holger Metze
Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Pneumologie am Medizinischen Versorgungszentrum des Klinikum Frankfurt (Oder)